“Meine Kunst soll im kleinen Stadtteil im Osten von Leipzig etwas bewegen” (Lilli Bagradyans)

Das Kunstwerk von Lilli Bagradyans, Foto © Amnesty Leipzig

– Künstlerin Lilli Bagradyans (@Zibayo)

Landtagswahlen in Sachsen. September 2019. Eine Familie starrt auf eine große weiße Wand. Eine Hauswand. Sie gehört ihnen. Wie kann man Kunst, Buntness und eine kleine politische Message für die Landtagswahl miteinander verbinden und diese schrecklich weiße Wand weniger kahl gestalten? Diese Frage hat sich eine junge Familie im kleinen Stadtteil Mölkau in Leipzig-Ost gestellt. Die Amnesty Stadtgruppe in Leipzig hatte eine Antwort.

Zügig ward ein Spruch ausgewählt, der der Gruppe seit langer Zeit am Herzen liegt: „Es ist besser eine Kerze anzuzünden, als die Dunkelheit zu beklagen“. Mit diesem Spruch wurde die Künstlerin Lilli Bagradyans (Künstlername @Zibayo) beauftragt, eine Idee für die Hauswand zu entwerfen. Das Ergebnis befand sich kurze Zeit später auf 80 Quadratmetern auf der Hauswand in Mölkau. Lilli reiste für ein Wochenende nach Leipzig an, um das Kunstwerk kurz vor der Landtagswahl an die Wand zu bringen.

Zu sehen ist eine große Kerze – das Symbol von Amnesty International – in dessen Licht eine Gruppe von verschiedenen Menschen auftaucht. Sie strahlen Fröhlichkeit aus. Als Analogie zum Spruch steht das Licht der Kerze für Hoffnung, die auch in Zeiten der Dunkelheit nicht aufgegeben werden darf. Und genau das ist es doch, was als Herzstück von Amnesty gilt: die Hoffnung und der Einsatz für Individuen, deren Schicksale oftmals auch als kleiner Bestandteil von großen strukturellen und systematischen Menschenrechtsverletzungen gesehen werden, dürfen nicht aufgegeben werden. Es ist besser, ein Licht, eine Kerze, anzuzünden, denn diese Einzelgeschichte repräsentiert so oft das Schicksal Vieler und kann den Weg für großflächige Veränderungen bereiten. Wir Menschen sind nicht gleich, sehen nicht gleich aus, ticken nicht gleich. Unsere Menschenrechte gelten aber für ALLE gleichermaßen. Immer. Überall. Für JederMensch.

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…fasst Lilli zusammen, die das gesamte Wochenende auf einer Hebebühne zubrachte, um das Kunstwerk anzufertigen.

Gerade im Kontext der Landtagswahlen war es von enormer Wichtigkeit für die Stadtgruppe in Leipzig, einen Dialog auch etwas abseits vom Zentrum der Stadt zu provozieren. Die Message des Kunstwerkes passt zu den existierenden Herausforderungen mit erstarkenden menschenrechtsfeindlichen Strukturen, ist jedoch absolut zeitlos. Es war und bleibt essentiell, miteinander ins Gespräch zu kommen und ein positives Zeichen, das von Zusammenhalt und Empathie zeugt, zu setzen – hierbei wortwörtlich.

Während des Malprozesses erlebte Lilli bereits viele interessante Begegnungen mit NachbarInnen und PassantInnen. Auch lokale Amnesty AktivistInnen kamen mit einigen Menschen vor Ort ins Gespräch. Die Reaktionen in der Nachbarschaft waren verschieden. Viele Leute, die vorbeikamen, äußerten große Freude über ein so schönes großes Bild, das gerade in einem kleineren Stadtteil wie Mölkau komplett gefehlt habe. Andere Reaktionen ragten jedoch auch von Erbostheit über die „Schmiererei“ bis zu Androhung von körperlicher Gewalt.

Amnesty Leipzig sagt DANKE für die atemberaubende Umsetzung dieses Projektes! Auch zur Landtagswahl galt: dein X für die Menschenrechte! Das Projekt zeigt, dass sich jede/r in anderem Umfang für eine Welt einsetzen kann, die die Menschenrechte schützt und achtet. So eben auch, wenn man eine Hauswand hat, die einfach schrecklich weiß und leer ist, und man das ändern will.


Text:Pauline Haupt

Auch unsere Amnesty Sprecherin für Sachsen hat kürzlich ein Interview zu den LTW gegeben. Lies, was Angela zu sagen hat: hier!

Fotos: © Amnesty Leipzig

Fotos: © Amnesty Leipzig

2. März 2021